Salzige Chemie lebensnah unterrichten

Feuerwerksraketen sind ein faszinierendes Spektakel, das Menschen auf der ganzen Welt – nicht nur an Silvester – begeistert. Bei der Zündung von Feuerwerksraketen entfalten sich die Farben in einem beeindruckenden Schauspiel am Nachthimmel und erzeugen durch Reizung gleich mehrerer Sinne eine festlich-spannende Atmosphäre.

Doch wie ist dieses Farbenspiel chemisch zu erklären?

Hierzu begab sich die Klasse 8g auf Spurensuche und fand zunächst heraus, dass jede Feuerwerksrakete aus 3 Komponenten besteht: 1. einem Brennstoff, 2. Oxidationsmitteln und 3. verschiedenen Hilfsmitteln, darunter auch spezielle farbgebende Substanzen. Die Farben, die wir in Feuerwerksraketen sehen, entstehen durch verschiedene Ionensubstanzen, sogenannte Salze, die beim Verbrennen Licht emittieren.

Welche Teilchen in den Salzen sind für die Lichtemission verantwortlich?

Salze bestehen aus geladenen Teilchen, den Ionen. Je nach Ladung und Größe der Ionen ergibt sich eine bestimmte räumliche Anordnung der negativ und positiv geladenen Ionen. Ein solches Ionengitter ist makroskopisch nicht zu beobachten, kann aber durch die kristalline Struktur von Salzen hergeleitet und nachvollzogen werden. So betrachteten SchülerInnen die Kristallbildung von ausgewählten Salzen unter dem Lichtmikroskop und fertigten digitale Kunstfotografien im Unterricht an.
Im 2. Schritt entwickelten die SchülerInnen eine eigene Vorstellung vom mikroskopischen räumlichen Bau der Salze, indem sie exemplarisch das Ionengitter von Natriumchlorid (NaCl), besser bekannt als Kochsalz, mit Alltagsmaterialien oder auch mittels 3D-Druck nachbauten. Die Erkenntnis: Jedem positiv geladenem Natrium-Ion (=Kation) steht ein negativ geladenes Chlorid-Ion (=Anion) gegenüber. Das Ionenverhältnis in NaCl ist 1:1. Ziel des Modellbaus im Fach Chemie ist es, den SchülerInnen die räumliche Anordnung der Ionen in einem Ionengitter zu veranschaulichen sowie mit dem eigenen Modell die typischen Salzeigenschaften erklären zu können. SchülerInnen erlernen am Beispiel von Kochsalz das Struktur-Eigenschafts-Konzept, das ihnen hilft, Phänomene aus ihrer Lebenswelt naturwissenschaftlich zu begreifen.
Die Vielfalt an Salzen erfordert eine universelle Benennung durch Salzformeln. Aufgrund der in Salzen vorkommenden Ionenverhältnisse hat jedes Salz seine eigene Salzformel. Diese kann mathematisch berechnet, kombinatorisch-kognitiv geschlossen, aber auch haptisch-taktil mit Bausteinen gebaut werden. SchülerInnen beschreiten im binnendifferenzierten Unterricht mit eigenständig gewählten Lernmaterialien ihren Weg zur lehrplanrelevanten Kompetenz.

Entsteht nun die Lichterscheinung des Feuerwerks durch An- oder Kationen der Salze?

Lichtemission tritt auf, wenn Außenelektronen in einem Atom oder Ion von einem höheren Energieniveau auf ein niedrigeres Energieniveau fallen. Bei diesem Übergang wird Energie in Form von Licht (=Photonen) freigesetzt. Die Wellenlänge des ausgestrahlten Lichts und damit dessen beobachtbare Farbe hängt von der Differenz der Energieniveaus im Schalenmodell der Teilchen ab.
Kationen in Salzen sind zumeist Metallionen mit wenigen, leicht anregbaren Außenelektronen. SchülerInnen fanden heraus, dass bei der Flammenfärbung Salze in eine heiße Flamme geführt werden und dabei unterschiedliche, aber charakteristische Färbungen der Brennerflamme zeigten. Die heiße Brennerflamme regt die Außenelektronen der Metallionen an, wodurch sie in höhere Energieniveaus angehoben werden. Wenn die Elektronen dann in ihre ursprünglichen Niveaus zurückfallen, emittieren sie sichtbares Licht in spezifischen Wellenlängen. Anionen zeigen dagegen keine charakteristische Flammenfärbung, weil das emittierte Licht nicht im sichtbaren Bereich liegt oder die Brennertemperatur zur Anregung nicht ausreicht.
Mit dieser qualitativen Analyse erprobten SchülerInnen nicht nur ihr experimentelles Geschick, sondern können die Farberscheinungen in Feuerwerkskörpern unmittelbar im Unterricht beobachten. Mit Fachwissen aus Klasse 7 zum Schalenmodell erklären sie Farberscheinungen.
Besondere Aufgabenformate auf erhöhtem Anforderungsniveau, die eine weitere qualitative Analysemethode der Fällungsreaktion integriert, identifizierten SchülerInnen durch kombinatorisches Denken und zielgerichtetes Experimentieren fünf weiße, ihnen unbekannte Salze. So gelingt dem Chemieunterricht außerdem, Fragen der analytischen Chemie zu beantworten.
Weitergedacht ergeben sich für ein fächerübergreifendes Unterrichten weitere Schülerfragen:
1. Wie baut man einen Feuerwerkskörper mit pyrotechnischem Wissen?
2. Wie viel Brennstoff wird für eine bestimmte Flughöhe benötigt?
3. Welche Salzkombinationen ergeben mehrfarbige Feuerwerke?
4. Farbenlehre und Schallberechnung – Wo trifft Kunst auf Physik?
5. Warum lassen sich Explosionen physikalisch und chemisch erklären?
Welche Fragen kommen dir in den Kopf?
Fachkonferenzleitung Naturwissenschaften
Frau Gutz